«Haben wir jetzt plötzlich alle eine ADHS?», fragte mich eine Kollegin vor ein paar Wochen. Viele Menschen haben zurzeit das Bedürfnis sich auf ADHS abklären zu lassen. Die Wartefristen belaufen sich je nach Kanton auf bis zu ein Jahr. Nicht alle die sich abklären lassen bekommen eine Diagnose. Bei einer ADHS Abklärung wird eine Differentialdaignose gemacht, dh. andere mögliche Krankheiten wie zB. Depressionen, körperliche Ursachen oder Borderline-Persönlichkeitsstörung werden ausgeschlossen. Bei Erwachsenen ist die Abklärung aufwendiger, da sich bereits Komorbiditäten (Begleiterkrankungen), wie oben erwähnt, etabliert haben könnten. Und doch, sind die Menschen, die eine Diagnose bekommen, oft erleichtert, da sie einen jahrelangen Leidensdruck spüren und jetzt endlich wissen, was mit ihnen los ist. Besonders Frauen erhalten oft eine Spätdiagnose, weil sie sich als Kind gut anpassen konnten. (es entsteht hier gerade ein neuer Blogbeitrag zu ADHS bei Frauen mit einer Geschichte über eine Frau, die von ihrer ADHS erzählt).
Einerseits gibt es eine grosse mediale Aufklärungswelle, andererseits gilt es vorsichtig zu sein und sich nicht über socialmedia selbst zu diagnostizieren. ADHS kann einige Ursachen haben, die ich gerne näher erkläre:
Um mögliche Ursachen einer ADHS zu erklären, beziehe ich mich gerne auf das integrative Modell. Das Modell geht davon aus, dass gewisse biologische und neurophysiologische Risiken bestehen, die eine Gefährdung für eine ADHS sind. zB. die genetische Disposition, eine beeinträchtigte Aktivierungssteuerung (Steuerung des Zustandes zwischen Wachheit und Aktivierung), beeinträchtigte Reizverarbeitung und mangelnde Inhibitionskontrolle. Das kann wie als Grundkonstitution des Gehirns gesehen werden.
Des Weiteren wird eine eingeschränkte Selbststeuerung beobachtet. Entscheidend und sehr wichtig zu wissen ist nun, dass sich das auffällige Verhalten, dass sich aus der eingeschränkten Selbststeuerung und den Grundvoraussetzungen des Gehirn durch die Reaktionen des sozialen Umfelds beeinflussen lässt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir wissen wie wir mit Menschen mit einer ADHS umgehen können.
Je nach Reaktion des sozialen Umfelds können sich nämlich die Symptome von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität verstärken oder auch reduzieren. Auch Umwelteinflüsse wie ein hoher Medienkonsum, Infrastruktur des Wohnens oder der Arbeitsplatz haben Einfluss auf die Symptomatik der ADHS.
Das bedeutet eben auch, dass nicht alle Menschen mit einer ADHS die gleich ausgeprägte Symptomatik mitbringen. Jede ADHS ist anders, das Spektrum kann sich sehr verschieden äussern.
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